04.03.2016 - Sightseeing Neu Delhi, Teil 2
 

So richtig viel geschlafen hatte ich ja diese Nacht auch nicht, aber interessanterweise ging mir der ganze Lärm jetzt schon deutlich weniger auf den Zeiger als gestern. Offenbar gewöhnt man sich an andauernden Lärm der wie eine Art Grundrauschen über allem liegt doch recht schnell.

Ich hatte mich mit Anil heute für 9 Uhr verabredet. 9 Uhr sollte auch für die künftigen Tage unsere morgendliche Standardzeit werden. Ich war heute um halb 9 noch schnell hoch aufs Dach gespurtet für Kaffe und ein paar Früchte. Und punkt 9 Uhr war Anil vor der Türe.

Auf meine Frage was er denn für heute so geplant hätte, meinte er nur das wir heute ein paar Sachen etwas weiter weg, bzw. außerhalb des Zentrumsgewühls sehen würden. Gewissenhaft wie ich ja nun mal bin hatte ich mich für jeden Ort der Tour anhand Lonely Planet und Herr Google vorbereitet. Ich hatte die laut Lonely Planet angesagten Sights rausgeschrieben und per Google mit Foto versehen als Liste zusammengeschrieben und ausgedruckt. Diese Liste habe ich Anil gegeben. Zuerst hat er ein etwas überraschtes Gesicht gemacht, dann hat er angefangen die Liste auseinanderzunehmen.

Nein das ist nicht gut, nein das ist zu weit weg, was, das soll ein Foto davon sein ? Das sieht aber mittlerweile ganz anders und heruntergekommen. Er hat kurz die Sachen abgehakt, die er selbst für heute vorgesehen hatte und zu den anderen Sachen irgendeinen Kommentar abgegeben. Ich hab ihn erst mal gewähren lassen.

Sein erster Stopp des Tages war denn auch direkt mal etwas, was ich garnicht auf der Liste hatte. Habe mich daran erinnert das ich das im Lonely Planet gelesen hatte aber dann nicht mit in meine Liste aufgenommen hatte, weil dabeistand das es weit außerhalb ist.

  

Qutb-Minar ist ein fast 80 Meter hoher Turm und Minarett umgeben von sehenswerten und reich verzierten Ruinen. Laut Wiki konnte man bis in die 80er sogar diesen Turm besteigen. Hui. Möchte nicht wissen wieviele Stufen man dafür überwinden musste. Der gesamt Qutb-Komplex ist eine islamische Gedenkstätte. Entsprechend viele Herren mit weißen Kittels und weißen Strickmützchen liefen auch herum. Offenbar gab es mal mehrere von diesem Riesentürmen, an einer Stelle kann man nämlich noch den zerbröckelten Sockel von einem Turm sehen.

Mir hats gefallen. Man kann schön rumschlendern und immer neue verzierte Ruinen entdecken. Am Parkplatz stehen noch viele Buden wo man noch kalte Getränke kaufen kann.

  

Weiter ging die Fahrt zum Lotustempel. Nachdem wir uns durch unglaublichen Verkehr und diverse Brücken, Auffahrten und Rampen gequält hatten, tauchte der Lotustempel vor uns auf. Hui. Das sah schon von der Straße recht toll aus. Vom Parkplatz immer den vielen Leuten folgend kann man durch schöne Grünanlagen zum Tempel gehen. Die Form des Tempels soll eine sich öffnende Lotusblume darstellen. Mich hat es von der Nähe irgendwie an die Oper von Sydney erinnert.

Der Besuch ist ziemlich stringent geregelt. Bitte den Weg rechts rüber gehen, Schuhe ausziehen und in die Beutel stecken und mitnehmen, bitte weitergehen, bitte weitergehen, und jetzt bitte sammeln und die Begrüßung anhören, und jetzt bitte eintreten. Irgendwie war immer einer um einen herum der einen weitergescheucht hat. Zumindest innendrin konnte man so lange sitzen bleiben wie man wollte. Allerdings wars drinnen rech unspektakulär. Viele Stühle und ein großer leerer Innenraum. Wieder draußen dann das gleiche Spiel wie eben. Bitte den linken Weg nehmen, bitte jetzt die Schuhe wieder anziehen und den Beutel wieder abgeben, Danke, Auf wiedersehen.

Dafür das das Ding wirklich echt schön ist, war der Besuch irgendwie ziemlich unfreundlich getrieben. Hat auch insgesamt daher nicht wirklich lange gedauert.

Nächste Station, auch wieder nach unglaublichem Rumkurven über Stadtautobahn, Auffahrten und Abfahrten und durch viele Metro Baustellen, dann Humayuns Grab. Habe gerade extra nochmal im Lonely Planet nachgeschaut wie man es schreibt. Humayuns Grab war wohl auch eine der Topadressen in Delhi. Hier knubbelten sich Busse und Busse und noch mehr Taxis. Mit anderen Worten es war ein Heidenbetrieb.

  

Auf dem Gelände hat es sich dann aber irgendwie (zum Glück) verlaufen, so das man das Grabmal auch ohne allzuviele Leute fotografieren konnte. Sah echt toll aus ! War irgendwie das Baby Taj Mahal. Oder auch Taj Mahal Testversion 0.1. Im Lonely Planet steht auch, das dieses Gebäude als Vorbild für das Taj Mahal diente.

Auf dem Gelände stehen noch ein paar andere Gebäude. Die sind aber nicht so schön wie das Haupthaus.

Als ich zurück im Auto war, sagte mir Anil freudestrahlend das er meine "Sehenswürdigkeitenliste" anderen Fahrern gezeigt hätte und die hätten gelacht was ich da alles rausgesucht hätte. Hm. Soso. Gelacht. Ist ja schön das ich zur Belustigung der Taxizunft beigetragen habe. Aber ich habe da nicht wenig Zeit rein versenkt und mir Mühe gegeben und schließlich ist das alles was der Lonely Planet so empfiehlt. Sorry das ich nicht über hundert Jahre Erfahrung vor Ort verfüge und mein Wissen nur aus dem Buch ist.

Ich glaube das Anil sogar gemerkt hat, das er mir da ein wenig auf die Füße gestiegen ist. Er hat fortan keine weiteren Bemerkungen zu meinen Listen gemacht. Wir haben uns dann beide darauf geeinigt das ich das mit bestem Wissen aus dem Buch abgeschrieben habe. Wenn er als "Mann vor Ort" berechtigte Zweifel an einem der Orte hätte, dann könne er sie gerne anbringen, die letzte Entscheidung läge aber trotzdem bei mir.

  

Nach dieser Definition unserer weiteren Geschäftsbeziehung meinte Anil das es jetzt Zeit wäre für den Lunch. Wir sind wieder dahin gefahren wo wir gestern auch schon waren. Ich hatte heute morgen nur nen Kaffee getrunken und ein Stück Melone gegessen. Von daher war das ganz OK, mal was aufzufüllen. Ich habe ihm aber auch gesagt, das wenn wir in den nächsten Tagen auf Tour wären, ich eigentlich keine Lust hätte so früh zu essen, weil ich das nicht gewohnt sei. Zu Hause esse ich auch immer erst Abends wenn ich von der Arbeit heimkomme. Das war OK für Anil.

Heute hatte ich nicht Medium Spicy bestellt, allerdings dabei vergessen zu sagen das ich nur ne halbe Portion will. Folge war das ne große Schüssel Chicken mit scharfer Soße kam und ich hinterher pappsatt rausgerollt bin. Sooo sehr spicy war "normal spicy" garnicht. Hatte nen kleinen Nachbrenner aber die Zahnfüllungen sind noch drin.

Unsere nächste Station passte jetzt ganz gut. Die Lodi Gardens. Ein großer Stadtpark. Da konnte ich nen schönen Verdauungsspaziergang machen. Schön ruhig wars hier. Kein Hupen und Lärmen. Nach meiner Runde durch den Park habe ich mich auf eine Bank im Schatten gesetzt und Leute beobachtet. Dabei sind mir immer wieder die Augen zugefallen. Irgendwann bin ich dann aufgestanden und gegangen. Hätte ich noch ein paar Minuten länger da gesessen, ich wär voll eingepennt.

Nächste Station : Indira Ghandi Museum. Anil hat sich so ausgedrückt als ob das das Beste seit geschnitten Brot sei. Das ehemalige Wohnhaus von Indira Ghandi ist zum Museum mit vielen alten Bildern und Gegenständen aus ihrem Leben umgebaut worden. Ich muss jetzt ehrlich sagen, das ich da relativ lustlos durchmarschiert bin, mir hats nicht so viel gegeben. Ja, ich habe das Gesicht auf den Bildern erkannt. Aber über die Frau und ihren Teil in der indischen Geschichte weiß ich zu wenig als das es mich jetzt so sehr interessieren müsste.

  

Der Weg den sie gegangen ist, als sie (von den eigenen Leibwächtern!) erschossen wurde, ist mit einer Art Acrylplatten ausgelegt und gekennzeichnet und an der Stelle wo sie erschossen wurde, ist eine dicke Glasplatte im Boden und ein Soldat hält Wache.

Wenn ich vorher gewusst hätte, das wir hier hinfahren hätte ich wohl mit Anil verhandelt, ob wir das nicht gegen etwas anderes (potentiell interessanteres) von "meiner" Liste hätten austauschen können. Aber jetzt so fand ich die Zeit ein wenig unnütz verbracht.

Nächste Station war der Rajpath, der Königsweg, und das India Gate. Der Rajpath ist eine sehr breite und schnurgerade Prachtstrasse an deren einem Ende der Regierungspalast steht und an dessen anderem Ende eben das India Gate, welches ein Kriegsdenkmal ist, steht. Leider kann man wegen der sauberen Luft nur sehr schlecht von einem zum anderen Ende sehen geschweige denn Fotos machen. Ich habs probiert. Ergebnis : grauer Adler auf grauen diesigen Grund.

Die ganze Gegend ist recht schön rausgeputzt. Kein Wunder. Die Regierung inszeniert sich. Bei uns in Berlin rund ums Kanzleramt und Brandenburgtor siehst ja auch wie geleckt aus, was man vom Rest Berlin nicht unbedingt überall sagen kann. So wars hier auch.

Wir sind die Prachtstraße noch hoch zum Regierungspalast gefahren. Ich bin noch ausgestiegen (Anil : Bitte schnell machen, eigentlich darf ich hier garnicht stoppen). Aber auch zu Fuß kam ich nicht näher an den Zaun ran um ein vernünftiges Foto von dem Palast zu machen. Schade. So sieht man eigentlich fast nur Zaun auf dem Bild.

Auf den Rückweg sind wir an einem Gebäude vorbeigekommen, was laut Anil das Parlamentsgebäude wäre. Auf meine Frage wie man die Sitzungen besuchen könne, sagte Anil das es in Indien nicht möglich sei die Parlamentssitzungen zu besuchen. Das wäre alles hinter verschlossenen Türen. Komisch. Entweder hat Anil mich falsch verstanden oder Indien hat ein recht eigenes Demokratieverständnis. Bloß nicht öffentlich machen was wir so treiben dort drin. naja.

  

Nächster Programmpunkt war dann etwas unerwartet : Treffen mit Mister Ashok persönlich. Keine Ahnung wie ich dazu gekommen bin. Wir sind auf jeden Fall jetzt wieder in den alten Teil Delhis gefahren und haben das (Stadt)Büro von Ashoks Taxi Tours angesteuert.

Nettes Detail an Rande. Wir sind dabei durch eine lange Straße gekommen, die anscheinend das Reperaturzentrum für alle fahrenden Vehikel der Welt war. Ganze Straßenzüge lang wurden Tuktuks, Autos, Mopeds und Fahrräder repariert. Da lagen ganze auseinandergenommene Getriebe auf der Straße. Hoffentlich haben die das am Ende des Tages auch wieder zusammengekriegt. Oder da fährt jetzt einer mit ein paar Zahnrädern weniger in der Gegend rum. Ein guter Mechaniker behält immer was übrig :)

Aber zurück zu Ashok. Ja so ganz uneigennützig war die Audienz nicht. Mister Ashok wollte Geld ! Die Hälfte der Tour als Anzahlung. Das wusste ich aber schon vorher. Diesbezüglich wurde immer mit offenen Karten gespielt. Hälfte der Tour bei Beginb, ein Viertel auf der Hälfte der Tour und den Rest am Ende. Als Anil ihm sagte das ich an einem Geldautomat kein Glück hatte und wir noch ne Wechselstube suchen müssten, meinte Ashok, er würde auch Euro nehmen und mir gerne was rauswechseln.

Im folgenden wurden die IPhones gezückt und Beträge ausgerechnet. Ich fand das er mir nen fairen Wechselkurs geboten hat und so haben wir gerechnet und gerechnet. Die Hälfte der Tour (aufgerundet 350 Eu) habe ich ihm in bar direkt in die Hand gedrückt. 200 weitere Euro hat er mir in Rupies gewechselt. Jetzt war ich all meine Euros los, hatte aber den ersten Zahltag für die Tour schon gemacht und endlich indisches Bargeld in der Tasche. Die bisherigen Ausgaben hatte ich von den 50 Euro bestritten die ich im Flughafen während des Wartens auf des Gepäck umgetauscht hatte.

Die nächste Zeit haben wir nun damit verbracht Tee (mit Milch) zu trinken und zu reden. Lustig fand ich, als Ashok mich fragte was meine Interessen wären und ich sagte das ich mir sehr gerne viele Sachen anschauen möchte was Forts und Tempel und Co. ist, Anil mich aber definitiv nicht zum Shoppen fahren müsse. Da haben beide herzhaft angefangen zu lachen als ob ich den lustigsten Witz der Welt gemacht hätte. Ashok meinte nur, wenn es irgendwas zu beschweren gäbe dann sollte ich das direkt machen und nicht mitnehmen, drei Wochen unzufrieden sein und dann am Ende mich bei ihm beschweren. Das wäre nicht gut für mich. Ich solle ja einen schönen Urlaub haben und mich nicht ärgern. Wir haben uns drauf geeinigt, das wenn irgendwas ist, ich das zuerst sofort mit Anil kläre. Wenn das nichts bringt dann solle ich ihn, Ashok, zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen. Er würde das dann schon regeln.

Ich fand den Besuch jetzt ganz nett. Zuerst dachte ich das wird ne steife förmliche Unterhaltung mit dem Scheff. War aber garnicht so. War echt nett.

  

Da es jetzt auch schon steif auf die 17 Uhr zuging meinte Anil das wir ja eigentlich fertig wären für heute, aber einen Tempel hätte er noch für mich. Und zwar den Lakshmi Narayan Tempel. So weit mussten wir auch nicht fahren. Das war vom Ashok Büro garnicht so weit weg. Der Parkplatz ist auf der Rückseite. Der Eingang ist auf der Straßenseite auf Höhe der Straße. Das heißt vom Parkplatz kommend muss man erst mal am Tempel die Treppen runtermarschieren. Das musste ich auch erst einmal herausfinden.

Der ziemlich bunte Tempel mit den vielen Türmchen und Spitzen und Erkern und und und ist ein Hindu Tempel. Es darf jeder rein, allerdings erst nach Abgabe von Schuhen und Fotoapparaten. Also leider keine Bilder von Innen. Und natürlich wollte der vorher sehr freundliche Wächter später Geld für die Aufbewahrung von Schuhen und Kamera. "Mister! Money!". Fehlte nur noch der Nachsatz "Sofort, verdammtnochmal". Irgendwie sind die Inder nicht bei allen Dingen freundlich.

So jetzt wars aber auch wirklich spät geworden. Jetzt wars Zeit fürs Hotel. Ich habe noch in dem kleinen Lädchen auf der anderen Straßenseite Getränke für lächerliche Rupienbeträge gekauft ( 2-Liter Flasche Wasser 30 Rupien ! ) und im Zimmer den Flüssigkeitshaushalt wieder aufgefrischt. Ich hatte heute den Tag über eindeutig zu wenig getrunken. Da muss ich mir für die nächsten Tage mal was einfallen lassen. Zuerst muss ne Pulle Wasser ins Auto und dann brauche ich kleinere Flaschen, 0,5er oder so, die ich in der Hosentasche mitnehmen kann.

Später gings wieder aufs Dach. Wieder lecker gegessen und kaltes Kingfisher gabs auch. Morgen gehts dann los mit der Rundtour. Morgen gehts gen Agra.

Livebericht vom Abend des 4.3.
 

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