02.06.2012 - Aufs Land nach Leeds Castle, zweites Coldplay Konzert am Abend
 

Da ich jetzt in der Stadt nichts mehr so dringend angucken musste habe ich mich im Reiseführer mal dem Abschnitt "Ausflüge in die Umgebung" gewidmet. Da waren unter anderem diverse Abstecher zu diversen Burgen beschrieben. Eine von denen, nämlich Leeds Castle, war laut dem Buch "die schönste Burg" und ein "Must See!". Na gut. Warum nicht.

Laut Reiseführer (aktueller Lonely Planet) sollte man ganz bequem mit dem Bus dorthinfahren können. Nach ein bisschen Studium von Dr. Google musste ich aber feststellen, das diese Busverbindung wohl eingestellt wurde und ich nur mit der Bahn dorthin kommen würde.

Also habe ich mich am Mittag in den Bus Richtung Victoria gesetzt und dort auch tapfer bis zum Ende, nämlich Victoria Station, ausgehalten. In der Victoria Station bin ich erst mal erschlagen worden von den gefühlt eine Millionen Leuten, die hier rumwuselten. Die eine Hälfte der Million war auf dem Weg zu irgendwelchen Bahnsteigen am Horizont des Sichtfeldes, die andere Hälfte der Million stand an den Kartenschaltern und Kartenautomaten an. Uiuiui. Ich sah mich schon bei Einbruch der Dunkelheit noch in irgendeiner Warteschlange stehen.

  

Als ich mich aber gerade in der Nähe des Auskunftsschalters (wo keiner anstand, eine Auskunft brauchte scheinbar keiner) befand, sagte irgendeine dicke Frau in der Kluft der Bahngesellschaft, man solle sich auch an den Infoschalter anstellen, dort gäbe es auch Tickets. Gesagt, getan. Na, da haben wir ja nochmal Schwein gehabt. 5 Minuten später hatte ich mein Returnticket von Victoria nach Bearsted für stolze 19 Pfund 70 in der Tasche.

Der Zug fuhr auch schon recht bald ab. Die Zugfahrt raus aufs Land der Grafschaft Kent dauerte ca. eine Stunde. Beim Bahnhof in Bearsted angekommen hatte ich eigentlich erwartet, den Shuttlebus zum Leeds Castle zu sehen. Ich bin aus dem Zug heraus einfach der Meute gefolgt und kurze Zeit später stand ich im Ort. Hm. Das war wohl falsch. Im Ort war so ziemlich alles was Beine hatte auch auf denen unterwegs zum Dorfplatz. Da gab es heute, wie ich auf einen großen Plakat lesen konnte, einen ganzen Tag zu Ehren der Queen ein Musikfestival. Es wurde auch schon fleißig die Nationalhymne geprobt.

  

Aber trotzdem. Hier war ich falsch. Ich bin also wieder zur Bahnstation zurück und habe den richtigen Ausgang gefunden. Da stand ich nun auf dem Parkplatz. Nach ein wenig Sucherei habe ich auch ein Schild für das Leeds Castle Shuttle gefunden, welches mir dann sagte, das das letzte Shuttle vor ca. 5 Minuten weggefahren sein musste und der nächste Bus erst in einer Stunde kommt. Grrrr.

Nun ja. Also habe ich eine Stunde auf dem Parkplatz vom Bahnhof Bearsted rumgeschlagen und dabei fleißig Leute beobachtet, die bepackt mit Picknickutensilien und Körben voll Fresserei und Sauferei in den Ort strömten zum großen Musiktag.

  

Irgendwann kam der Bus dann. Für die Fahrt zum Castle hin und zurück musste ich noch 5 Pfund bezahlen. Der gute Man ist dann auch noch ziemlich in der Gegend rumgegondelt bis wir schließlich da waren. Wir sind erst mal an riesigen und vollen Parkplätzen vorbeigefahren. Aha. Die Leute kommen also alle mit dem Auto hierhin. Die Variante Zug und Bus war wohl nicht so populär.

Auf dem Gelände der Burg fand auch noch ein Queen-Jubilee-Fest statt, welches ich mir noch anschauen wollte. Erst aber mal zum Castle. Das Ticket war schnell gekauft. Mit 19 Pfund 75 fand ich das ein stolzer Preis.

Zumindest kann man sich die Füße noch vertreten. Vom Parkeingang bis zur Burg muss man noch ein ganzes Stück durch die Grünanlagen (sehr schön und super gepflegt) wandern. Zum Castle muss man sagen, das es nach sehr stürmischen Zeiten und wechselnden Besitzern irgendwann von einer reichen und fidelen Amerikanerin gekauft wurde. Die gute Frau hat auch bis zu ihrem Tod abwechselnd mit ihren anderen Besitztümern in der Welt hier gewohnt. Die Renovierung und Restaurierung nach ihrem Kauf hat wohl ein nicht unbeträchtliches Anteil ihres Vermögens aufgefressen. Is aber schön geworden. Ein Teil der Räume waren in der Art der Erbauer sozusagen historisch eingerichtet. Ein Teil der Räume waren so eingerichtet wie die gute Frau sie zu ihrem Tod hinterlassen hat.

Die Besichtigung war eigentlich recht schnell durchgezogen. So viel gabs nämlich nicht zu sehen. Man wandert auf einen abgesteckten Kurs durchs Schloss und kann sich die Räume ansehen. Tja. Irgendwie hatte ich mir da mehr drunter vorgestellt.

Der eigentliche Star ist aber ja sowieso die Burg selbst und ihre Lage inmitten eines Sees. Wenn man draußen rumgewandert ist gab es immer mal wieder wirklich wunderschöne Ausblicke auf das alte Gemäuer inmitten des Wassers.

Auf den Wiesen vor der Burg war zum einen ein Areal für die später am Tag stattfindenden Festivitäten abgesteckt (ich glaube auch hier gabs Musik), zum anderen gab es eine kleine Oldtimerausstellung. Zulassungsvoraussetzung war scheinbar ein Mindestalter von 60 Jahren, passend zum Kronjubiläum. Die alten Schätzchen waren sehr werbewirksam im Vordergrund der Burg geparkt. So ergaben sich laufend ziemlich geniale Motive mit den alten Autos im Vordergrund und der Burg als Kulisse im Hintergrund.

Die stolzen Besitzer der Autos waren meist direkt auszumachen. Ich habe diverse angeregte Unterhaltungen aufgeschnappt. Die Leutchens haben scheinbar sehr gerne Auskunft gegeben und die Gelegenheit genutzt über ihre Autos zu reden.

Nach ausgiebigem Autokucken gings zurück zum Bus und zur Bahnstation. Und nach einer Stunde Zugfahrt stand ich dann wieder so gegen 17 Uhr in Victoria.

Aus irgendeinem mir nicht näher bekannten Grund bin ich wieder in Covent Garden gelandet. Vermutlich weil ich von Victoria mit der Piccadilly Line ganz praktisch hinkommen konnte. Keine Ahnung. Auf jeden Fall habe ich dort in der Nähe nochmal ein Lokal zwecks Nahrungsaufnahme geentert.

Dieser Laden war echt spitze. Es war ein reiner Steakladen. Wie ich später auf der Kreditkartenabrechnung gesehen habe interessanterweise auch ein Angus Steakhouse. Aber mit total anderem Konzept. Wenn man dort bestellt hat, bekam man nur 4 Fragen gestellt : 1) was für ein Fleisch (Sirloin, Filet, Rump ....), 2) wie zubereitet (Medium, Medium rare ....), 3) was für ein Gewürz dabei (Steakpfeffer, Meersalz .....) und 4) und was für ne Butter dabei (Kräuter, Knoblauch ....). Das wars.

Das Steak kam dann immer eine Stufe weniger gegart wie bestellt (also Medium bestellt, das Steak kommt dann Rare) auf einem heißen Stein an den Tisch. Nun ist das jedes seine persönliche Aufgabe das Steak am Stück, in Streifen oder wie auch immer auf dem heißen Stein perfekt bis zum persönlich Wunsch weiterzubraten. Bedeutet, man musste also selbst was tun für sein Essen. Ich habe die Streifenvariante gewählt und das Steak immer Stück für Stück gebraten. Ein Streifen mal etwas mehr, ein Streifen mal etwas weniger. Hmmm. Wunderbar. Es war ein wirkliches Fleischfest. Wenn ich den Laden schon früher gefunden hätte, wär ich da jeden Tag reingegangen.

Tja. Irgendwann war ich satt und fertig und es wurde jetzt wirklich Zeit zum Konzert anzureisen.

Heute hatte ich ein Ticket für "Innenraum und unreserved seating in lower tier". Bedeutete, der ganze Unterrang war auch als "Stehplatzzone" deklariert. Man konnte also sich entscheiden, ob man ganz klassisch unten stehen wollte, oder ob man sich irgendwo auf dem Unterrang ein Plätzchen gesucht hat. Ich habe letzteres gemacht. Für mich war da überall ein einzelner Sitz frei. Mit mehreren wär es jetzt so gegen 19 Uhr schon eng geworden. Ich war letztendlich recht nahe an der Bühne und konnte die Wartezeit bis zum Konzert noch gesittet im Sitzen verbringen.

  

Konzert heute war eigentlich identisch wie gestern, nur das ich heute nen anderen Platz hatte, man auf dem Unterrang mehr in die ganze Konfetti und Bälle Spielereien einbezogen wurde und das es heute von Beginn an ziemlich geregnet hat.

Das Konzert war heute auch wieder ziemlich gut. Mir hat es sehr gefallen. Trotzdem fand ich des Erlebnis gestern irgendwie intensiver. Kann jetzt garnicht sagen warum. Ist einfach so ein Gefühl. Trotzdem habe ich mich doch  auch heute sehr gut unterhalten gefühlt.

  

Zurück musste ich dann später die Ubahn nehmen, weil es wegen Oberleitungsproblemen heute Abend keinen "Overground-Service" gab (das wurde direkt nach Ende des Konzertes durchgesagt). So bin ich also mit allen anderen zu der einen Ubahn Station gepilgert und hab mich in der langen Warteschlange brav angestellt und bin dabei noch ziemlich bedröppelt nass geworden (obwohl der Regen im Vergleich zum Konzert deutlich nachgelassen hatte).

Das ganze Warteschlangensystem wurde von genau einem Polizisten auf seinem Streitross gemanaged. Der Engländer kann sowas. In aller Gemütsruhe fanden sich alle damit ab da zu warten und haben sich wie die Weltmeister im Schlangestehen brav ohne drängeln oder murren angestellt. Ich würde mal vermuten das diese Situation bei uns in Deutschland zu Chaos und Anarchie geführt hätte, weil jeder der erste in der Bahn hätte sein wollen. Aber in England klappt das. Hut ab, RRRRespekt.

Und ich bin ja immer wieder abgrundtief beeindruckt von der stoischen Ruhe der Polizeipferde. Die stehen mitten im Getümmel und jeder, aber auch wirklich jeder der da vorbeikommt, klopft dem Pferd auf den Kopf, Hals, Rücken oder sonstwas. Und der Polizist oben drauf ist auch die ganze Zeit frohen Mutes und hat immer eine spaßige Bemerkung für die Leute zu seinen Füßen übrig.

Nu ja. Ich habe noch alle UBahnen bekommen und musste bei Canada Water noch ein wenig auf dem Bus warten. Ich glaube das war wirklich der Letzte für den Tag. Kalt und Nass bin ich dann weit nach ein Uhr beim Hotel eingetrudelt und nach dem fast schon obligatorischen Absacker in der Hotelbar dann in die Kiste gefallen.

 

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