18.06.2005 - Lustige schwarze Fellmützen und A Place Called Vertigo (hello hello)
 

In der Nacht hatte ich kaum ein Auge zugetan. Von der Straße unter mir drang noch bis früh ziemlich viel Lärm hoch, welcher auch in keinster Weise durch die hauchdünnen Gläser in den schlechtsitzenden Fensterrahmen gemindert wurde. Trotzdem war ich am Morgen (ich hab mich so um 9 Uhr wieder unter die Menschheit begeben) doch ausgeruht. Warum auch immer.

Wenn man in der glücklichen Lage ist und einen Starbucks direkt um die Ecke hat, dann ist es einfach gesetzt den Morgen mit einem Caramell Macciato und einem Teilchen bei Starbucks zu beginnen. Außerdem konnte ich mir so schon das Frühstück in dem winzigen Frühstücksraum im Hotel ersparen.

Mit dem guten Kaffee und einem dicken Mandel-Zimt-Marzipan-Irgendwas - Teilchen gestärkt habe ich mich zum zweiten Ritual eines London-Aufenthaltes begeben. Dem morgendlichen Spaziergang durch den Hydepark ! Es ist immer wieder von neuem faszinierend, was dort so los ist. Seien es die Radler, die Rollerblader, alle anderen Spaziergänger, die Sonnenlieger, die Gymnastiktreiber, die Sänger, die Gott-und-die-Welt-Anprangerer oder was auch immer. Dort im Park ist immer was los. Und nebenbei kann ich in den ruhigeren Ecken meine Lieblingsparkbewohner ein wenig beobachten. Die Eichhörnchen.

Auf meinem Weg bin ich so gegangen, das ich beim Edward-Denkmal rausgekommen bin. Dieses imposante Stück Prunk hatte ich bisher noch nie vor der Linse. Direkt auf der anderen Straßenseite liegt die Royal Albert Hall. Sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe. Geht man weiter geht's über die Straße, die Kensington Gardens und Hyde Park trennen und man stolpert geradewegs über den "Prinzessin-Diana-Gedächtnisbrunnen". Was sich die Planer dabei gedacht haben, wird wohl immer deren Geheimnis bleiben. Sowas unspektakuläres und nichtssagendes habe ich selten gesehen. Irgend ein weites Rund mit Wasser drin. Wenn es nicht dran gestanden hätte, ich hätte nicht gewusst was es ist.

   

Weiter am See entlang kommt man schließlich zu Hyde Park Corner und sitzt wieder mitten im Straßenlärm. Ich habe den Weg quer drüber und durch den Triumpfbogen gewählt und bin somit stracks auf den Buckingham Palace zumarschiert. Schließlich war mein erstes Ziel für heute die Wachablösung.

Auch wenn ich das jetzt schon ein paar Mal gesehen habe ist es immer wieder einen Abstecher wert. Da wird mal kurz der Kreisel vor dem Palace gesperrt und da laufen viele Männlein mit roten Anzügen und riesigen schwarzen Fellmützen rum. Dann wird ne halbe Stunde rumexerziert und alle verschwinden wieder. Das genau jeden Tag ab 11 Uhr. Ob Sonne oder Regen. In England weiß man noch, wie man Traditionen pflegt. Und irgendwie genau deshalb ist es jedes mal wieder einen Blick wert.

Heute hab ich die armen Würstchen unter den schwarzen Bärenfellen schon etwas bedauert. Schon so gegen 11 hatte es in der Sonne ein unerträgliche Hitze. Die Jungs müssen im eigenen Saft gekocht haben.

Als die Blaskapelle dann zum Auszug geblasen hatte und alle Mützenträger wieder dorthin verschwunden waren wo sie hergekommen sind, habe ich mich durch den James Park durch zur Westminster Abbey begeben. Ich hatte ja noch einen Termin mit dem Da Vinci Code. Am Vordereingang stand ein Schild : Eintritt hinten. Na gut. Wenn ihr meint. Als ich dort ankam ist mir aber echt der Mund aufgeklappt. Eine unüberschaubare Menschenmenge stand vom Eingang der Kirche zurück bis zur Straße (immerhin bestimmt 50 Meter) und dort weiter auf dem Bürgersteig Richtung Parlament (habe ich schon gesagt das Engländer sehr brave Schlange-Steher sind ?). In dieser Szenerie fehlten jetzt wirklich nur noch die "Ab hier noch 3 Stunden" - Schilder. Außerdem sollte der Spaß auch noch 8 Pfund Eintritt kosten. Nee, beim besten Willen nicht. Auf Wiedersehen.

   

An Parlament und Big Ben entlang (kannte ich schon von gestern) bin ich auf die andere Seite der Themse und zum Millennium Wheel. Dieses fette Riesenrad am Ufer der Themse. Das dort so gut wie immer ewig lange Warteschlangen sind, das wusste ich schon. Ich hatte auch gar keine Pläne dieses Riesenrad zu besteigen. Gott weiß wie teuer das wieder gewesen wäre. Und wie vermutet schlängelten sich die Leute schon einmal um den Block. Nach ein paar Fotos vom Wheel bin ich schnell weiter zur benachbarten Waterloo Station und mit der U-Bahn zum Piccadilly Circus (In dieser Bahn ist es mir das erste Mal aufgefallen, das alles mit dem Spruch "Back The Bid 2012" zugekleistert war. London bewirbt sich 2012 um die olympischen Spiele. Und dieses Back The Bid soll wohl die Leute zum Mitmachen ermuntern). Von dort ist es ein Katzensprung zum Trafalgar Square mit der riesigen Nelson Column. Dort war wohl so etwas wie eine Art afrikanischer multikulti Markt im Gange. Auf einer Bühne sprangen noch ein paar schwarze Männer in knappem Lendenschurz zu Bongo-Musik in der Gegend herum. Insgesamt ziemlich überlaufen hier.

So langsam merkte ich auch, das ich jetzt eindeutig zuviel Sonne für heute abgekriegt hatte. Mein Gesicht war definitiv verbrannt. Aus diesem Grund habe ich mich nach Begutachtung der St.-Martin-in-the-Fields-Kirche auf direktem Weg zum Covent Garden gemacht. Ich dachte das kleine Stück könnte man noch gut laufen aber leider zog sich das noch ewig in die Länge, so das meine Sonnendosis noch höher wurde. Am Garden angelangt war erstmal laaaange Pause angesagt im Pub dort. Ausnahmsweise mal kein Tiername aber auch irgendwas idiotisches.  Nach 2 bis 3 schwer verdienten Fosters und entspanntem "Leute-Beobachten" (natürlich im Schatten :-) ) wurde es langsam Zeit fürs Fresschen.

   

Also mit der Ubahn zum Piccadilly zurück (also die Tageskarten haben sich wirklich für mich gelohnt, und übrigens ... back the bid) und das Angus Steak House angesteuert. Nach sehr gutem aber auch teurem Mahl (30 Euro) waren es schließlich 16 Uhr. Also eindeutig Zeit den Zug zum U2 Konzert zu nehmen. Gesagt, getan. U-Bahn zurück zur Waterloo Station (wie gesagt, super diese Tageskarten, back the bid) und recht problemlos den Zug gefunden, der nach Twickenham fuhr. Auch wenn das der Bummelzug war, der an jeder Kaffeekanne noch Leute aufsammelte war die Anreise zumindest bisher sehr stressfrei. Positiver Nebeneffekt. Die Tageskarte für die U-Bahn gilt auch für den Zug, also keine Extrakosten für Fahrscheine.

An der Bahnstation Twickenham angekommen wurde man schon von vielen freundlichen Bobby's begrüßt und bekam alle Infos wie man später am Abend wieder sicher zurück in die Stadt kommen würde. Vorbildlich. Der Weg zum Stadion und der Einlass waren ebenso unkompliziert. Die Zeit bis zum Konzert habe ich mir vertrieben mit rumlaufen, Stadion erkunden, Fotos machen und faul im Schatten abhängen und Engländer beobachten.

   

Anfang 20.20 Uhr, Ende wegen der strengen Lärmschutzgesetzte Punkt 22.30 Uhr. Konzert supergeil. Band sehr gut gelaunt und Bono ebenfalls sehr gut drauf. Also ein gelungener Abend.

   

Der "Abfluss" der Massen gestaltete sich ungewohnt stressfrei. So einfach und schnell bin ich bisher noch nie mit 60.000 anderen Leuten aus einem Stadion durch einen Ort zu einer Bahnstation gelotst worden. Alle Polizisten jederzeit Herr der Lage, sehr freundlich und lustig drauf. Das Verteilen der Leute auf die einzelnen Züge klappte auch wie am Schnürchen. Obwohl ich noch in einem Lädchen an der Straße Bier eingekauft hatte (man muss die Zeit vor 23 Uhr ja nutzen, sonst gibts ja nix mehr) war ich etwa eine halbe Stunde nach Ende des Konzertes im Zug Richtung Innenstadt. Ich kann nur sagen : Hut Ab ! Wenn ihr was drauf habt, dann das organisieren von Menschenmassen.

   

Ungefähr um halb eins lag ich erschlagen im Bettchen. Hello hello, got a place called vertigo .....

 

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