25.03.2016 - Kalkutta Sightseeing, Part 2
 

Heute hab ichs sehr gemütlich angehen lassen. Nach dem Aufstehen bin ich zum Frühstück gegangen. Auch heute wieder inklusive nettem Talk mit dem Bombay’er Kellner. Nach dem Frühstück bin ich wieder aufs Zimmer und hab mich noch ein wenig hingelegt. Mittags bin ich dann raus um den Rest von Kalkutta zu begehen.

Vom Hotel aus gings heute in nördliche Richtung durch den Betrieb des „Hausbasars“ wieder mit nem ganzen Gefolge von netten Leuten, die mir etwas verkaufen wollten. An der Kreuzung beim Esplanade Busbahnhof bin ich dann abgebogen zum Raj Bhawan. Das ist der Sitz des Gouverneurs von Bengalen und liegt inmitten einer recht amtlich großen Grünfläche. Leider kommt man nicht wirklich nahe dran. Ist alles hoch vergittert. Ich konnte auch nur ein Foto durchs Gitter bei der Haupteinfahrt machen ohne die Aufmerksamkeit der auch hier bewaffneten Wachen auf mich zu ziehen.

Direkt neben dem Park liegt das große Ranji Stadion. Es standen noch viele Barrieren und Absperrungen herum und viel Werbung für ein Cricket Match. So langsam dämmerte es mir, dass das WM-Spiel, welches ich gestern teilweise in der Bar im TV gesehen hatte, mal gerade Luftlinie 500 Meter neben mir live stattgefunden hat.

Vom Stadion aus geht’s die Straße hoch zur Town Hall und hier abgebogen steht man nach kurzer Zeit vor dem „Calcutta High Court“. Die Town Hall ist ein großes Säulengebäude, der High Court sehr sehenswert fast wie eine kleine Ritterburg. Hat mich entfernt an Gebäude in London wie Bahnhof Kings Cross oder Naturkundemuseum erinnert.

 

 

 

Auf den Bürgersteigen entlang der Town Hall bis hin zum Gericht „wohnten“ überall Leute. Unter notdürftig aufgespannten Planen steigt man über dort liegende Menschen drüber und an spielenden Kindern vorbei. Diese Personen werden von niemandem zur Kenntnis genommen. Die Inder die hier unterwegs waren haben diese Leute einfach ignoriert, als wenn die garnicht da wären. Ob diese Leute der Unberührbaren-Kaste angehören ? Da habe ich ja schon gelesen, das diese Leute für andere Inder quasi nicht existent sind.

Am Gerichtsgebäude bin ich mal an den ganzen vielen Eingängen vorbei gegangen. Für jede Berufsgruppe gibt’s hier gesonderte Eingänge. Es gibt die Eingänge für die Richter, für die Anwälte, für die Anwaltsgehilfen und diverse andere Angestelltengruppen. Jede Tür fein säuberlich mit Schildchen drüber, für wen dieser Eingang jetzt gedacht ist. Schon ein bisschen skurril.

Am Gericht entlang weiter hoch stößt man dann unweigerlich auf die St. John’s Church. Hier kostet es einen kleinen Eintritt. Ich glaube 20 R waren es. Von irgendwo hatte ich als Wechselgeld zwei 10er Scheine zurück gewechselt bekommen, die stellenweise eingerissen waren. Bei einem fehlte an einer Knickstelle ein klitzekleines Stück. Bei mehreren Gelegenheiten wurde die Annahme dieser Scheine verweigert. Nein, kaputte Scheine nehmen wir nicht. Auch hier an der Kirche wurde ich die zwei Zehner nicht los. Prompt habe ich die beiden Lappen mit einem entschiedenen NO wieder zurückbekommen.

Ich habe die beiden Scheine dann in der Kirche in die Spendenbox geworfen. Also in Indien aufpassen. Wenn man Geld gewechselt bekommt, keine optisch auffällig kaputten Scheine annehmen. Die kriegt man nie wieder los.

An der Kirche weiter geradeaus steht man nach kurzer Strecke dann vor dem imposanten General Post Office. Gegenüber auf der anderen Straßenseite liegt der sog. BBD Bag. Ein großes Wasserbasin. Das war wohl mal vor sehr vielen Jahren tatsächlich für die Wasserversorgung der Stadt zuständig. Das wird offenbar mit BBD Bag bezeichnet. Rund um das Basin saßen etliche Leutchen unter Sonnenschirmen und waren am Angeln. Offenbar hat sich das trotz der Drecksbrühe gelohnt.

 

 

 

Vom Post Office aus bin ich der Straße noch ein wenig weiter gefolgt. Hier sah es dann aber nach kurzer Strecke nicht mehr so toll aus. Die Häuser waren offenbar nicht mehr bewohnt (zumindest sah es so aus) und zerfielen langsam. Vor einer ziemlich verkommen aussehenden (ehemaligen) Standard Chartered Bank wuchs ein riesiger Baum mit langen Luftwurzeln aus dem Bürgersteig.

Ich bin dann wieder zurück zum Wasserbasin und um dieses einmal herum. An der einen Längsseite sind noch die „Writers Buildings“ sehenswert. Alte historische Gebäude, die auch noch in Schuss gehalten werden. An der von mir aus gesehen äußeren Nordwest-Ecke gab die St. Andrews Church noch einen schönen weißen Kontrast.

Einmal um das BBD Bag herum (an der entgegengesetzten Längsseite kurzerhand über die Tramgleise) stand ich wieder gegenüber dem Post Office. Hier gabs auf den bequemen Bänken unter Bäumen noch eine gute Gelegenheit für eine Rast. Dabei habe ich mal Google Maps konsultiert und dabei festgestellt, das ich eigentlich nur ungefähr einen langen Block vom Wasser entfernt war. Der „Hugli“ (oder Hoogly oder Hooghly) war direkt um die Ecke. Und unweit der Höhe vom Post Office sollte laut Google auch ein Fähranleger sein.

Ich wollte mit der Fähre auf die andere Seite. Einmal Hugli-Fähre fahren. Zwischen mir und dem Wasser wäre dann nur noch die Bahnlinie und die zerfallenen Ruinen eines wohl ehemaligen Bahnhofs zu überwinden. Ein wenig habe ich beim Anblick der Gleise und riesigen Schutthafen ja gezweifelt, das hier irgendwo ne Fähre sein soll. Weiter die Straße hoch habe ich aber dann noch weitere Gebäude gesehen und dort auch Fußgängerverkehr. Ich bin da mal hin und konnte dann sehen, das man hier tatsächlich über die Gleise gehen konnte und jenseits der Gleise ans Wasser drankam.

Auf der anderen Seite des Flusses liegt der alte Howra Bahnhof von 1910. Bei der ersten Holzbude wo jemand drinsaß habe ich mal zaghaft nach „Ferry to Howra, Return“ gefragt. Der Mann vom „Howra-Fairly-Ferry-Service“ gab mir dann zwei Tickets (Hin und Rück) für schlappe 5 (!!) Rupien. Das nenn ich mal ne günstige Art zu reisen. Am Fähranleger war ich alleine und habe die Wartezeit bis zur Ankunft eines der Rostkähne damit verbracht, den ganzen Kindern hier beim Angeln zuzuschauen.

 

 

 

Nach einer ganzen Zeit kam dann eine etwas ältliche Fähre. Diese hat eigentlich garnicht richtig festgemacht. Als das Schiff parallel zum Anleger war und noch Fahrt drauf hatte sind die Leute schon rübergesprungen. Und im fliegenden Wechsel bin ich anschließend auch dann rübergehüpft. Eigentlich hat die Fähre nicht richtig angehalten. Sofort gings dann zurück auf die Howra Seite. Hier geht’s sehr effizient zu, was „Umsteigezeiten“ angeht :)

Drüben auf der anderen Seite steht man von der Fähre runter direkt im Verkehrschaos. Vor dem Bahnhof kommt man vor lauter Autos, Tuktuks, Taxis und Menschen fast garnicht vorwärts. Beim Bahnhof gibt’s einen alten und einen neuen Teil. Ich bin zum alten Teil. In der Vorhalle steht ein fast antik anmutender Ticketschalter aus Holz. Sehr süß. Bei den Bahnsteigen dann Menschen Menschen Menschen. Ein einziges Gewusel von vielen Ameisen, die offenbar alle irgendein Ziel und eine Aufgabe hatten.

Lustig fand ich, was da nebenbei auf dem Kopf für ein Gepäck rumgeschleppt wurde. Was die ganzen Leute mit den riesigen Bergen an Blechkanistern auf dem Kopf wollten würde ich ja wirklich gerne mal wissen.

Ich habe mich noch ne Zeit lang im Bahnhof aufgehalten und mich dann später wieder zur Fähre verkrümelt. Da musste ich auch nicht allzulange warten um wieder auf das vorbeischwimmende Schiff aufzuspringen. Ein paar gute Bilder von der markanten Konstruktion der Howra-Brücke konnte ich auch noch machen. Der Lonely Planet schreibt, das es offiziell verboten sei, Bilder der Brücke zu schießen. Keine Ahnung warum es das sollte und ob das wirklich so ist.

Zurück bin ich dann auf Höhe des Fähranleger quer durchs Viertel entlang diverser Street-Food Buden und Bürgersteig-Fritier-Küchen (die alle besetzt waren mit Leuten die Reis und irgendwelche andere Sachen in sich reinschaufelten, natürlich nur mit der rechten Hand) etwa eine Straße oberhalb vom Post Office rausgekommen.

Der Straße an den Writers Buildings gefolgt und bei der Bentinck Street abgebogen, geht’s geradeaus weiter zur Hauptstraße und dem Esplanade Busbahnhof. Hier war auch wieder viel Betrieb. Vor den vielen kleinen Läden wurden Transportkarren und Fahrräder turmhoch mit Waren voll geladen und abtransportiert. Diese ganze Ecke war wieder ein wenig mehr richtiges Leben. Hier gabs keine schönen historischen Gebäude, das war eine dreckige Straße wo gearbeitet wurde.

 

 

 

Der Trip heute war eigentlich ganz angenehm. Die Strecke war letztendlich nicht zu lang heute (auf jeden Fall kürzer als gestern) und ich hatte das Gefühl das ich gestern und heute viel von Kalkutta gesehen hatte, obwohl es von der Fläche bzw. Distanz her nur ein kleiner Bruchteil von Kalkutta war.

Durch den Basar vorm Hotel durchgekämpft bin ich dann wieder in meiner Luftblase entschwunden. An der Rezeption habe ich noch nach einem Transport zum Flughafen für morgen gefragt. Als ich sagte, dass es bitte nicht der teure Hotel-Transport sein solle, meinte die Frau wie selbstverständlich, dass dies kein Problem sei, sie würden gerne ein normales Taxi besorgen. Na bitte, geht doch auch günstig.

Später bin ich dann nochmal im Hotel im Restaurant essen gegangen. Ich war einfach zu faul um mich jetzt am Abend nochmal in der Sutter Road umzuschauen. Im Restaurant wurde ich jetzt am zweiten Tag wie selbstverständlich namentlich begrüßt.  Ich mag sowas ja :)

 

Kalkutta
Home
  Bombay