30.04.2012 - nach Edinburgh, viel Historie und ein Poltergeist zum Abend
 

Edinburgh, Schottland.

Da bin ich noch nicht gewesen, da muss man mal hin. Germanwings bot irgendwann Ende des letzten Jahres auch passenderweise einen Flug in einer der zahlreichen Werbeaktionen billig an. 60 Euro hat es gekostet. Dafür mal nach Schottland, da kann man nicht meckern.

Am Montag den 30.4. bin ich also nach Edinburg abgehoben. Gegen Mittag (ach ne, ich muss ja die Uhr umstellen, also alles eine Stunde zurück), also um 11 Uhr war ich denn da. Die Wettervorhersage hatte leider nicht gelogen. Nebelwolken auf Augenhöhe und Nieselregen. Naja. Mal kucken. Erst mal in die Stadt.

Hier gabs zwei Alternativen. Denn 100er Expressbus oder den 35er Bummelbus. Der 35er hatte den Vorteil, das der laut Plan direkt bei meinem Hotel vorbeifuhr. Also hab ich den genommen.

Schon beim Kauf der Fahrkarte wurde mir bewusst : Hui. Das wird ein schweres Stück Arbeit hier die Leute zu verstehen. Das rollende R war ja noch ganz nett, aber die Aussprache von fast allem war doch teilweise ziemlich anders als man es mit "britischem" Englisch gewöhnt ist.

Das Nächste was ich feststellen durfte. Im Bus werden keine Stationen angezeigt, an den Stationen die man am Fenster vorbeiziehen sieht, steht nur für Expressleser mit Adleraugen auf Höhe der oberen Etage des Doppeldeckerbusses der Name. Ich hab dann sofort mein IPhone an den Start gebracht. Erste Amtshandlung : Ein 7 Tage Datenpaket mit 50 MB Volumen für 5 Euro gebucht. Nach Bestätigungs-SMS habe ich dann als Zweites die EdinBus - Bus - App downgeloaded und installiert. Mit dieser App kann man nicht nur Buslinien suchen und sich naheliegende Bushaltestellen anzeigen lassen, mit der kann man auch Navigieren und auf der Karte die Route des Busses nachvollziehen. Jetzt wusste ich wenigstens wo ich mich befand und konnte so auch problemlos am Lauriston Place fast direkt vor meinem Hotel (Novotel Edinburgh) aussteigen.

  

Das hatte ja schon mal gut geklappt. Einchecken jetzt um 12 Uhr auch kein Problem. Es gab freie Zimmer zum sofortigen Bezug.

Ich bin auch sofort wieder los und vom Lauriston Place in eine kleine Gasse namens Heriot Place eingebogen. Das war eigentlich nur eine kleine schmale Treppe steil nach unten. Jedoch hatte man von hier einen schönen Blick auf das Edinburgh Castle und es war eine direkte Abkürzung zum Grassmarket. Der Grassmarket ist ein länglicher Platz der ringsherum von vielen Kneipen gesäumt ist. Quasi als Einstimmung auf Edinburgh bin ich überall mal vorbei und habe geschaut was die da so anbieten. Es sah zumindest schon mal vielversprechend aus.

Im Beehive Inn war heute Abend sowas wie ein Comedy Abend, andere Läden priesen für heute Abend Live Musik an.

Den Grassmarket durchschritten und die ansteigende Candlemakers Row hoch gibts noch diverse andere Kneipen mehr. Allgemein schien es in Edinburgh zumindest daran keinen Mangel zu geben.

Wetter war immer noch kalt und feucht. Am oberen Ende der Candlemakers Row angekommen steht man auf der einen Seite direkt bei der Bobby-Statue, auf der anderen Seite bei der Bobby-Kneipe und der Eingang zum Greyfriars Friedhof ist auch direkt um die Ecke. Dieser Bobby ist ein Hund, der als sein Herrchen verstorben ist, jeden Tag mehrere Jahre lang auf dem Friedhof bei dem Grab Wache gehalten hat, bis der Hund dann selbst dahingeschieden ist. Daraufhin hat man den Hund ebenfalls auf dem Friedhof begraben und ihm an der Brücke gegenüber ein Denkmal errichtet.

  

Ich bin dann über den Greyfriars Friedhof mal drübergeschlendert. Hier gibt es sehr alte Grabstätten und Mausoleen teilweise aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Die Kirche kann man auch besichtigen, ist aber nicht so spektakulär. Einzig die großen bunten Glasfenster sind einen Blick wert.

Immer noch wars am regnen. So kam das Schottische Nationalmuseum auf der anderen Straßenseite gerade recht. Wenn das Wetter mies ist, kann man sich hier ins Trockene verziehen. Das Museum ist übrigens kostenlos. Eigentlich sinds ja zwei Museen in einem. Einmal das Schottische Nationalmuseum mit der schottischen Geschichte und allem Möglichen über das Land und die Leute und dann das Naturkunde- und Technikmuseum. Beide ehemals getrennten Bauten wurden irgendwann ziemlich pfiffig miteinander verbunden, so das das jetzt ein großes Museum ist.

Ohne jetzt auf Details einzugehen, mir hat das wirklich sehr gut gefallen. Die Ausstellung ist modern, wird modern präsentiert und ist aktuell. Teilweise kann man auch Sachen selbst ausprobieren oder anfassen (vor allem natürlich im Naturkunde und Technik Teil) und all diese Dinge sind auf der Höhe der Zeit und nicht abgenudelt und funktionieren allesamt. Kompliment von mir, da kann man schon sehr viel Zeit verbringen. Das Museum hat auch eine Aussichtsterrasse. Ich bin hoch. Aussicht ist aber heute wegen Wetter ausgefallen.

  

Später am Nachmittag als ich dem Museum erfolgreich entronnen war (weil mir vom Latschen auch langsam die Füße wehtaten) wars draußen dann trocken. War zwar noch kalt und recht windig, aber trocken.

Da ich ja schon fast in der Gegend war (eigentlich ist zumindest in Old Town eh alles nur einen Katzensprung voneinander entfernt) bin ich mal hoch zum Castle gegangen. Dafür musste man nur vom Museum die George IV Brücke hoch und links abbiegen, ein Stück die Royal Mile hoch und schwupps ist man da. Hier natürlich die Touristendichte recht hoch. Das Edinburgh Castle ist auch DIE Attraktion in der Stadt mit wasweissich für X Millionen Besuchern. Entsprechend Trubel war hier oben auch.

Ich habs mal bei einer äußeren Begutachtung belassen und mir das Castle für den anderen Tag (1. Mai) auf den Plan geschrieben. Da dachte ich auch noch, das der 1. Mai in Schottland ebenso Feiertag ist wie bei uns auch. Ich sollte mich geringfügig irren.

Oben auf dem Schloss-Vorplatz wurde mit schwerem Gerät die neuen Zuschauertribünen für das alljährliche Militärmusikfestival, das Edinburgh Tattoo, aufgebaut. Dafür wird der Vorplatz vom Castle jedes Jahr in eine "Kampfarena" mit Sitzplätzen für 8-9 Tausend Leute verwandelt. Die Bilder die ich davon gesehen habe haben mich zuschwerst begeistert. Müsste man sich eigentlich mal anschauen.

  

Vom Castle wieder runter habe ich einen Abzweig nach links gemacht. Die Royal Mile wollte ich mir für morgen aufsparen. Ich bin also bei der ersten Gelegenheit links abgebogen und den Berg runter, durch die Princess Street Gardens (da sind noch die National Gallery und nochwas anderes Großes) und habe den Bereich von Princes Street und George Street geentert.

Princes Street, George Street und Queen Street bilden riesiges Strassencarree welches auf beiden Seiten links und rechts jeweils mit einem großen Park abgeschlossen ist. Entlang der Straßen haben sich alle bekannten Geschäfte, Labels und Ketten angesiedelt, die man so kennt. Für Shopping ist man hier richtig. Hard Rock Cafe ist übrigens auch hier.

Die Princes Street ist im Moment sowas wie Sperrzone. Da wird gebaut (ich glaube für die neue Straßenbahnlinie), alles ist aufgerissen und hier fahren auch keine Busse.

Parallel zu Prince und George läuft eine etwas kleinere Strasse, die Rose Street. Diese bin ich einmal komplett durch. Hier gibt es weniger Einkaufsmöglichkeiten, hier gibts sehr viele Kneipen. Den Rückweg habe ich dann zurück durch die George Street bestritten.

  

So, jetzt qualmten mir endgültig die Füße und ich hatte so langsam auch Hunger. Deshalb habe ich von hier einen Bus genommen der mich zum Museum zurückfuhr. Die Candlemakers Row runter am Eingang zum Grassmarket hatte ich einen Laden gesehen, der Werbung für Steaks machte. Da im "Mussel & Steak" bin ich dann eingekehrt. Essen war wirklich gut, das Steak genau richtig zubereitet. Als Goodie hing im Lokal ein großer Fernseher mit einem Live-Feed aus der Küche. Da konnte man live mit ansehen, wie das Steak gebrutzelt wurde. Sehr nett.

Nach dem Essen stand mir der Sinn nach Musik. Also kurz den Reiseführer befragt. Dort war ein Laden namens Whistlebinkies genannt, der an der Royal Mile nicht weit weg war. Eine Befragung von Herr Google sagte mir, das heute "Open Mic" Tag ist. Also jeder der Lust hat, darf singen. Leider war ich noch ein wenig zu früh dran. Es sollte um 21.30 starten. Bis um Neun war ich die einzige Person in dem ganzen Bunker und so langsam zweifelte ich daran, das da später auch nur eine Nase kommen sollte und singen.

Bei meinem zweiten Strongbow wurde ich an der Bar von jemandem angesprochen mit der Standardfrage die man überall auf der Welt zu hören bekommt : Where are you from ?

Als ich mich dann als German zu erkennen gegeben habe, war es um mich geschehen. Der Typ hatte irgendwie irgendwo irgendwelche Wurzeln in Deutschland und konnte sogar ein paar Brocken deutsch sprechen. Mit ihm (Michael hieß er, Nachname war irgendwas irisches, Conway, Connoly, irgendsowas. Er hat aber immer betont, das er Schotte sei, nur der Name sei irisch) habe ich mich noch über alles mögliche Unterhalten. Als wir beim Fußball angelangt waren, offenbarte sich auch einer der Gründe warum hier heute Abend so tote Hose war. Heute Abend war ManU gegen ManCity in der Entscheidung um die Meisterschaft. Obwohl er immer wieder betonte das er ja Schotte sei und Schottland ja eigene Fußballclubs hätte, wusste er über die englische Liga verdammt gut Bescheid.

Irgendwann waren wir beim 1. Mai angelangt und er meinte das heute Abend (30.4.) irgendein Feuer-Dingens-Festival wäre, so um die bösen Geister auszutreiben und den Beginn des Mai und des Sommers und überhaupt zu feiern. Er wusste aber nicht wo das war und die Leute an der Bar die befragt wurden auch nicht. Er meinte dann, er wüsste jemanden den er fragen könnte und ob ich Lust hätte in einen anderen Pub zu gehen wo er diesen Jemanden treffen würde. Ich hab ihm zugestimmt und wir haben uns verzogen. Auf dem Weg hat er noch ein wenig Fremdenführer gespielt und ein paar Sachen erklärt.

  

Als sich dann aber immer mehr herausstellte, das sein "mal eben in einen anderen Pub" nicht so wirklich ein kleiner Abstecher war (spätestens als er eine Bahnstation angesteuert hat) , habe ich die Notbremse betätigt und die ganze Angelegenheit gestoppt. Wir sind dann wieder zurück in Richtung Royal Mile gegangen und in einer der steilen Treppengassen den Berg hoch in einem Pub mit Namen "The Halfway House" eingekehrt um noch ein Bier zu trinken. Da er da dann auch direkt neue Freunde zum Quatschen gefunden hat und ich mit den Themen nicht so viel anfangen konnte, haben wir uns noch wortreich verabschiedet und ich bin wieder meiner Wege gegangen.

Das wo mich der liebe Michael übrigens hinschleppen wollte, war übrigens das Beltane Fire Festival. Das fand auf dem Calton Hill beim unvollendeten Monument statt.

Nun ja. Nach der kleinen Episode schottischer Gastfreundschaft und Redseeligkeit kam ich so um ziemlich genau 22 Uhr bei der St. Giles Kathedrale auf der Royal Mile vorbei. Dort sammelte man sich gerade zu einer Geister und Toten - Tour durch die Katakomben und über die Friedhöfe Edinburgh's. Die Gelegenheit habe ich genutzt und mich da angeschlossen. 13 Pfund später war ich mit dabei.

Glaubt man der Webseite des Veranstalters dieser Touren (die Double Dead Tour von Blackhart.uk.com) so wird man während dieser Tour garantiert von einem Geist überfallen und muss garantiert später ins Irrenhaus eingewiesen werden, weil man sich wahnsinnig gegruselt hat. Hmmmm. Schaun wir doch mal. Der Guide des Abends war ein gewisser Jerry (oder Jessy, irgendsowas auf jeden Fall) mit einem üüüüblem schottischern Akzent. Stellenweise hab ich ihn nicht wirklich verstanden. War aber doch meist genug um den Sinn des ganzen zu erfassen.

  

Mit Ledermantel-Jerry sind wir dann in einer Gruppe von ca. 10 Leuten von der Kathedrale aus ein wenig um die Ecken gegangen. Irgendwo im Gassengewirr gabs dann eine längere Einführung. Also als Showman war Jerry wirklich zu gebrauchen. Irgendwie hatte ich auch den Eindruck das Abends nach Einbruch der Dunkelheit so ziemlich komplett Edinburgh mit irgendeiner Tour unterwegs ist. Mörder, Geister, Vampire so weit das Auge reichte. Alleine da wo wir standen kamen während der Einführung ein buckliger Glöckner-Verschnitt, ein Mönch mit Robe und ein Vampir vorbei. Ziemlich belebtes Gässchen.

Für den Rest muss ich jetzt mal einen Schnellausflug in die Geschichte machen. Edinburgh ist schon vor hunderten von Jahren ziemlich zugebaut worden. Mit kleinsten Gässchen von 1 Meter Breite und teilweise 10 stöckigen Häusern. Da bei dieser Bebauung unten bis zum Boden kein Licht mehr kam und auch die Bewohner fleißig jegliche Fäkalien auf die Straßen entleerten war dies der Brutplatz für so ziemlich jede Krankheit. Da ist dann auch schon mal öfters die Pest ausgebrochen. Nach der schwersten Pestwelle wurde dann irgendwann der Plan gefasst, einfach oben die Häuser plattzumachen und quasi eine neue Ebene zu schaffen. Alles drunter wurde teilweise mit Schutt aufgefüllt und lange vergessen. Erst in den letzten Jahrzehnten hat man wieder angefangen diese vergessenen und verfüllten "Katakomben" unterhalb der Stadt wieder auszugraben.

Diese wieder ans Licht geholten Gassen und Häuser und die Geschichten die sich darum ranken sind natürlich tolles Futter für jede Gruseltour. Ob die Höhlen und Gänge noch für was anderes genutzt werden als für solche Touren, das weiß ich allerdings nicht.

In eine dieser Katakomben eingestiegen und im Schummerlicht gab es dann diverse Erzählungen unter welchen elenden Umständen die Leute damals gehaust haben und wer hier so alles an üblen Krankheiten und Pestausbrüchen dahingerafft wurde.

Ich möchte dem guten Jerry zu Gute halten, das er die Show wunderbar rübergebracht hat, aber trotzdem vergebe ich für den ersten Teil der "Double Dead Tour" einen Gruselfaktor von Minus Eins.

  

Der "Unter Tage" Teil hat übrigens ca. eine Stunde gedauert. In der nächsten Stunde wollten wir uns auf dem Blackfriars Friedhof dann vom Mc Kenzie Poltergeist jagen lassen. Das hat auch wieder ne Stunde gedauert.

Jetzt hier auf dem Friedhof wurde das Geister und Poltergeist - Szenario doch arg überstrapaziert. Teilweise waren die Ausführungen doch arg lächerlich, ein wenig hat das zwischendurch an Kinderstunde erinnert. Zumindest die paar historischen Einwerfungen waren (wenn sie denn wahr waren) doch noch interessant. Fazit war : Keiner unserer Gruppe wurde vom Poltergeist heimgesucht und wir sind mit genauso vielen Leuten dem Friedhof entronnen, wie wir mitgebracht hatten.

Nun ja. Zwei Stunden Bespaßung für 13 Pfund. Da hab ich teilweise schon schlechtere Quoten gehabt. Kann man nicht meckern.

Jetzt um Mitternacht konnte ich meine Füße endgültig wegwerfen. Habe mich mit letzter Kraft ins Hotel geschleppt und den langen Tag damit beendet.

 

         


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